Oder: Bleibt Kultur bezahlbar?
Seien wir als Künstler*innen nicht undankbar. Zwei Mal knapp eine Milliarde Euro für den „NEUSTART KULTUR“ sind schon was. An dieser Stelle wollen wir die Summe auch nicht vergleichen mit den 50 allein für die zehn größten deutschen Unternehmen.
Wichtig scheint mir folgender Aspekt: Kunst wurde in Corona-Zeiten ungewöhnlich intensiv wahrgenommen; in all ihren Facetten. Genauer gesagt: Ihr Fehlen wurde den Menschen schmerzhaft bewusst. Von der Straße bis zur Bühne wurde es plötzlich still. Streaming-Dienste konnten mit ihren Blockbustern aus der Retorte und Serien von der Stange eben doch nicht ersetzen, was Streetlife und Premium Arts liefern. Ihnen fehlt es einfach an Authentizität. Der Ruf nach Kultur war eben auch ein Aufschrei. Wieder drohte ein Lebensbereich zum digitalen Konsumgut zu werden. Klicken, liken, vergessen. NEIN haben da viele gesagt (oder zumindest gefühlt). Leben heißt spüren, sehen, hören. Direkt vor mir. Nicht aus dem Kasten.
Auf einen Aspekt möchte ich an dieser Stelle hinweisen, weil er vielen Menschen, die „in Lohn und Brot stehen“ (schöner alter Begriff, oder?) unbekannt ist. Künstler*innen leben zwar oft in ihrer eigenen Welt, aber auch in dieser. Sie essen, wohnen, reisen usw. Leben kostet Geld. Und während Deutschland über die Anhebung von Mindestlöhnen und Wertschätzung für geleistete Arbeit spricht, wird vergessen, dass viele Kunstschaffende von Stundenlöhnen zwischen ein und fünf Euro leben (Verhältnis von Aufwand und Honorar). Sic! Fünf Euro. Ist das Wertschätzung?
Kunst muss teurer werden. Weil sie uns lieb und teuer ist. Wer Tausende im Jahr für Club-Urlaub und Sport ausgeben kann (seien wir ehrlich, das sind nicht nur die „Superreichen“), wird mit Freuden zustimmen. Oder? Es kann nicht auf dem (wirtschaftlichen) Rücken der Künstler*innen ausgetragen werden, was Politik UND Gesellschaft über vier Jahrzehnte versäumt haben. Es wird gerufen, dass sozial Schwächere nicht von Bildung und Kultur abgeschnitten werden dürfen. Es kann aber nicht angehen, dass Kreative das durch ihren 5-Euro-Stundenlohn gewährleisten. Fairer Lohn für Kulturschaffende bedeutet, dass in Zukunft jedes Jahr Milliarden in ein Projekt „Kultur für alle“ fließen müssen.
Oder eben, dass höhere Preise gezahlt werden. Was den Lokführern Recht ist, ist den Künstler*innen billig. Was dagegen?